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Pricing für (Kreativ-)Agenturen

Ein Gespräch mit Markus Hartmann

Der Preis ist heiß – doch wie kommt er zustande? Welche Zutaten und Parameter kommen mit in den Topf? Wie findet man als kreative Agentur den passenden Preis? Markus Hartmann berät mit seinem Unternehmen "Pricing für Agenturen" Kreativschaffende und weiß: "Häufig wird zu früh über den Preis gesprochen." Was das bedeutet? Wir haben nachgefragt.

Was sind aus Ihrer Erfahrung mit kreativen Agenturen die häufigsten Fehler oder Ängste bei der Preisfindung?

Häufig wird zu früh über den Preis gesprochen. Besser wäre es stattdessen die wechselseitigen Erwartungen an eine Zusammenarbeit zu klären und so ein gemeinsames Verständnis des zu lösenden Problems zu schaffen. Daraus erwächst die Grundlage für ein hilfreiches und klares Angebot und – nicht zu vergessen – für eine mögliche vertrauensvolle Zusammenarbeit. Erst wenn all dies für Kunde und Anbieter ausreichend geklärt ist, um eine gute Entscheidung zu treffen, ist es für den Anbieter an der Zeit, den Preis dafür zu finden.

Die zu frühe Nennung eines Preises ist die Ursache eines anderen großen Problems, das viele Kreative kennen: Die Sorge, zu "teuer" zu sein. Denn wer an einen Punkt über Preise spricht, an dem der mögliche Wert einer Zusammenarbeit weder für Kunde noch Anbieter wirklich klar ist, der hört mitunter die Antwort, das sei aber "teuer". Dies führt leider dazu, dass es – verfrüht – zu einer Preisverhandlung kommt, die womöglich ausgeblieben wäre, hätte man möglichen Wert und Erwartung vorher besser geklärt.

»Die zu frühe Nennung eines Preises ist die Ursache eines anderen großen Problems, das viele Kreative kennen: Die Sorge, zu "teuer" zu sein.«

Markus Hartmann

Sie gehen bei der Preisfindung mit Ihren Kunden einen, wie Sie selbst sagen, radikal anderen Weg. Denn Sie verzichten auf Stundensätze. Wie gehen Sie stattdessen vor, um den "richtigen" Preis zu finden?

Zeitaufwand und etwaige andere "Kosten" des Anbieters sind nie die Grundlage der Entscheidung eines Kunden. Wir zahlen den Preis eines Neuwagens ja auch nicht, weil der Autohersteller Kosten und Aufwände in der Produktion hatte, sondern weil wir durch das Auto bestimmte Zwecke und Ziele verfolgen wie zum Beispiel zur einfachen und bequemen Fortbewegung. Genauso verhält es sich mit unseren Kunden: Diese verfolgen durch unsere Hilfe und Zusammenarbeit ebenfalls bestimmte Zwecke und Erwartungen. Sie sind Grundlage der Entscheidung, und damit letztlich auch des Preises. Das macht die Preisbegründung über Stundensätze grundsätzlich mangelhaft. Ein Handel kommt seitens des Kunden allein dann zustande, wenn er das erwartete Ergebnis der Zusammenarbeit mehr schätzt als auf diesen Handel zu verzichten. Gelingt es uns als Anbieter, diese – stets subjektiven – Werturteile besser zu verstehen, werden nicht nur die möglichen Angebote deutlich klarer und damit besser, sondern auch – als Nebeneffekt – der Preis.

Werden jedoch die vermeintlichen Zeitaufwände des Anbieters, wie es die mangelhafte Idee des Stundensatzes fordert, zur Grundlage, kommt es zu einem unauflösbaren Interessenkonflikt: Während der Kunde es "schnell" möchte, liegt es im Interesse des Anbieters möglichst "viel Zeitaufwand" zu benötigen.

Welchen positiven Impact hat Ihr Weg auf die Zusammenarbeit zwischen Kreativen und ihren Kunden?

Wer seine Kunden besser versteht und so durch Können und Erfahrung besser helfen kann, der schafft für seine Kunden Gewinn. Die Chance liegt als Anbieter damit darin, diesen Gewinn immer besser zu verstehen und auch besser erklären und erlebbar machen zu können. Wie? Durch "bessere" Kundengespräche, bei denen das miteinander Sprechen, Fragen und Zuhören im Mittelpunkt steht. Und dem Bewusstsein, dass eine gute Entscheidung für (oder auch gegen) eine Zusammenarbeit Klarheit und auch Vertrauen bedarf – und all dies entsteht selten im ersten oder auch zweiten Termin. Würden wir jedoch an dieser Stelle bereits einen Preis nennen, verengen wir das Gespräch zu früh auf den Preis, und übersehen womöglich damit die wertvollste und beste Lösung für den Kunden.

Wodurch zeichnet sich ein guter, oder wie Sie auf Ihrer Webseite schreiben, "besserer" Preis aus?

Ein "besserer" Preis ist ein Preis, der Gewinn und Wert für Kunde und Anbieter berücksichtigt. Wer sich hingegen über Stundensätze und Zeitaufwände rechtfertigt, der übersieht – und unterschätzt damit häufig – den Wert aus Kundensicht. Dies verengt nicht nur Kreativität bei der möglichen Angebotserstellung, sondern begrenzt auch den Preis. Wer hingegen beginnt, sich beiden Blickwinkeln zu öffnen, der wird immer besser darin den Wert einer Zusammenarbeit einzuschätzen, sondern wird auch eine Zunahme des eigenen Selbstwerts bemerken.


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© Nicole Knelleken

Markus Hartmann

Markus Hartmann ist Seminarleiter, Berater, Trainer und Redner. Sein Wissen und seine Erkenntnisse teilt er gerne. Und eines ist sicher: Er inspiriert und unterhält gleichermaßen. Vielleicht weil er an der einen oder anderen Stelle so manchen Glaubenssatz kräftig durcheinander rüttelt.

www.pricingfueragentur...

Veröffentlicht: 10.12.2021


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