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© Historisches Museum Frankfurt

Mode. Hessisches Kulturgut

- Teil 3 -

Die Herstellung von Textilien und Mode hat in Hessen ebenso Tradition wie die Auseinandersetzung damit. In historischen Ausstellungen und aktuellen Betrachtungen wird Mode in ihrer gesellschaftlichen, sozialen Dimension erfahrbar. Unternehmen Sie mit uns eine Reise zu historischen und aktuellen, zu unbekannten und besonderen Orten der Mode in Hessen.

Auf Anfang

Wie jede gute Geschichte hat auch Mode einen Anfang. Dass Hessen und insbesondere das Rhein-Main-Gebiet "fashionable" sind, zeichnete sich bereits 1776 ab, als der Buchbinder Josef Anton Mönch die erste "Etui- und Souvenirfabrik" Offenbachs gründete. Das Jahr markiert den Beginn des Offenbacher Ledergewerbes. Bis heute erzählt in Offenbach das 1917 von dem Architekten Hugo Eberhardt gegründete Deutsche Ledermuseum die Erfolgsgeschichte des regionalen und hochqualifizierten "Portefeuille-Gewerbes". Kleidsam für nackte Wände und damit auch relevant ist, wenn wir über Mode in Hessen sprechen, das Deutsche Tapetenmuseum, auf Initiative des Tapetenhändlers Gustav Iven 1923 in Kassel gegründet. Bereits im Mittelalter bildete der Tuchhandel ein wichtiges Standbein der Messe Frankfurt, die auf eine rund 800-jährige Geschichte zurückblickt. Zu damaliger Zeit bestanden europaweite Fernhandelsbeziehungen, etwa nach Frankreich, Italien, Ungarn, Böhmen und Polen. [1]

Das 1877/78 von Seiten der Bürgerschaft gegründete Historische Museum in Frankfurt sammelte von Beginn an auch Kostüme und Trachten, Kopfbedeckungen und Schuhe sowie Modeaccessoires als Zeugnisse des sich verändernden Zeitgeistes. Heute sammelt das Historische Museum Kleidung und Accessoires vor allem als Quellen zur Sozial- und Alltagsgeschichte. In den vergangenen Jahren waren vier Ausstellungen zum Thema Mode zu sehen: "Kleider in Bewegung - Frauenmode seit 1850" befasste sich damit, wie sich verändernde Geschlechterrollen in der Kleidung widerspiegeln, im Jungen Museum war mit "Werk*Stoff*Textil - vom Faden zum Gewebe" eine interaktive Werkstatt-Ausstellung für Kinder und Jugendliche zu sehen, unter dem Titel "Bewegte Kleidung - Ein modisches Stadtlabor" befasste sich das Museum mit den aktuellen Bedingungen für Modeschaffende und mit "Frankfurter Spitzenarbeit – Mode von Toni Schiesser" widmete sich das Museum der Frankfurterin, die um 1975 das größte private Modeatelier mit dem höchsten Umsatz in Deutschland besaß. "Mit dem Tod von Toni Schiesser 1994 und der Schließung der von ihr gegründeten Firma 1998 endete eine Ära in der Frankfurter Modegeschichte." [2]

Ausstellungsimpressionen von "WerkStoffTextil" und "Frankfurter Spitzenarbeit - Mode von Toni Schiesser" im Historischen Museum Frankfurt
© Junges Museum Frankfurt, Stefanie Kösling
Ausstellungsimpressionen von "WerkStoffTextil" und "Frankfurter Spitzenarbeit - Mode von Toni Schiesser" im Historischen Museum Frankfurt
Ausstellung "Frankfurter Spitzenarbeit - Mode von Toni Schiesser" im Historischen Museum Frankfurt
© HMF, Petra Welzel

Auch weitere bekannte hessische Museen setzen sich regelmäßig in ihren Ausstellungen mit Mode auseinander. „Contemporary Muslim Fashions“ war die weltweit erste umfassende Museumsausstellung, die sich der zeitgenössischen muslimischen Mode widmet. Die Schau wurde an den Fine Arts Museums of San Francisco inhaltlich erarbeitet und von Max Hollein initiiert. Das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt war 2019 ihre erste Station in Europa. [3]

Der Deutsche Werkbund Hessen zeigt im WerkbundForum (Weckmarkt 5) in Frankfurt anlässlich der Frankfurt Fashion Week die Ausstellung „Kleidersachen“. Eine kritische Auseinandersetzung mit Textil- und Kleiderwelten im Hinblick auf Nachhaltigkeit sowie soziale und ökologische Faktoren. 

Aktuelle Ausstellung "Kleidersachen" des Deutschen Werkbund in Frankfurt
© Gerd Kittel
Aktuelle Ausstellung "Kleidersachen" des Deutschen Werkbund in Frankfurt

Mode-Orte

Mode ist überall wo Menschen sind. Mancherorts ist sie aber besonders präsent. Auch in Hessen haben sich regelrechte Mode-Epizentren herausgebildet, wo die Modewelt – zwischen kleinen Labels und großen Marken – pulsiert und Fashion-Herzen höherschlagen.

In Frankfurt ist das etwa das Brückenviertel – zwischen namensgebender Alter Brücke und Diesterwegplatz. Die Brückenstraße in Sachsenhausen samt ihrer Neben-Adern Wall- und Schulstraße zeichnet sich durch eine hohe Dichte an kleinen, inhabergeführten Geschäften aus. Darunter die üblichen Nahversorger wie Bäcker und Metzger, aber auch viele neue Konzepte für Design und Mode. Kleine Labels fertigen hier zum Teil selbst. Das Magazin "Frankfurt du bist so wunderbar“ hat dem Viertel 2018 einen lesenswerten Stadtspaziergang gewidmet.

Weniger Berlin-Flair, mehr New Yorker Fifth Avenue-Atmosphäre versprüht die Goethestraße in Frankfurt. Hier reihen sich die Luxusmarken der Mode- und Schmuckwelt aneinander: Chanel, Prada, Dior, Cartier, Bulgari und Tiffany & Co. sind hier mit Stores vertreten. Doch auch namhafte regionale Designer wie kürzlich Philipp Plein, der im April seinen sechsten Store in Deutschland unweit der Goethestraße eröffnet hat, sind hier anzutreffen.

Nicht außen vor bleiben sollte Frankfurts beliebteste Shoppingmeile, die Zeil mit dem Shoppingcenter „MyZeil“, die gleichzeitig eine der umsatzstärksten Einkaufsstraßen Europas ist. [4]

Die Wilhelmstraße in Wiesbaden steht der Goethestraße in Frankfurt in nichts nach: Die Straße mit Boutiquen bekannter Modelabels und anderen exquisiten Geschäften zu Wohn- und Mode-Accessoires lädt Besucherinnen und Besucher zum Flanieren ein.

Vor einigen Jahren wurde die Heyne-Fabrik im Offenbacher Nordend zum Kreativstandort für Mode und Werbung umgebaut. Seither ist das Quartier im Umbruch: Mode und Kunst können im Bereich zwischen Kaiserstraße, Berliner Straße, Goethering und dem Main erlebt werden. Zur Orientierung hat die Stadt Offenbach die "Nordend Map" zusammengestellt.

Auf der Fuldaer Friedrichstraße findet sich eine "Kombination aus Luxus, einer jahrhundertealten Historie und sinnlichen Verführungen". [5]

In der verkehrsberuhigten Marburger Altstadt – der sogenannten Oberstadt – gibt es viele inhabergeführte Geschäfte, Cafés und Restaurants in historischer und pittoresker Kulisse.

Mode-Worte

Mode machen ist das eine, über sie sprechen und schreiben das andere. Wie in Teil eins unserer Serie über den Modestandort Hessen zeigt, verbindet die Modebranche mehrere kreativwirtschaftliche Teilmärkte. Neben der Designwirtschaft lassen sich ihr auch Teile der Werbewirtschaft sowie der Pressewirtschaft zuordnen.

So wird etwa die Fachzeitschrift Textilwirtschaft seit 1946 von der Dfv Mediengruppe in Frankfurt am Main verlegt. Sie ist das einzige wöchentlich erscheinende Fachmagazin für die Textil- und Bekleidungsbranche im deutschsprachigen Raum.

Die Diplomdesignerin und Bekleidungstechnikerin Agnes Jacobi ist Herausgeberin des Magazins Fashion Guide, das mit Sitz in Frankfurt die regionale Modeszene sichtbar machen möchte.

Auch einige Bloggerinnen und Blogger aus Hessen widmen sich in Text und Bild Fashion-Trends. Die Frankfurterinnen Miriam Ernst mit Be-Sparkling und Helena Kling mit Hypnotized sowie Kim Ahrens aus Kassel mit Kiamisu schreiben über Fashion- und Lifestyle-Trends. Die Wiesbadenerin Katharina Schön setzt auf ihrem Blog Hessisch4Fashion lokale Produkte und Dienstleistungen in Szene. Die Ü-50-Bloggerin Claudia Steinlein aus Mühlheim widmet sich mit ihrem Blog Glamupyourlife dem Thema Mode und Alter. Darüber und über Mode made in Hessen allgemein haben wir mit ihr im Interview gesprochen. Auch Luisa Hartung aus Wiesbaden hat sich mit ihrem Blog Style is Ageless diesem Thema verschrieben.

Terry Dean Pepper, zuletzt Vorstandsmitglied und Global Vice President Brand Licensing bei Karl Lagerfeld, im Interview mit "Feels Like Hessen"
© Urban Media Project
Terry Dean Pepper, zuletzt Vorstandsmitglied und Global Vice President Brand Licensing bei Karl Lagerfeld, im Interview mit "Feels Like Hessen"
Fashion-Bloggerin Claudia Steinlein in Frankfurt
© Gaby Gerster
Fashion-Bloggerin Claudia Steinlein in Frankfurt

Auch der Blog der hessischen Kreativwirtschaft Feeks Like Hessen befasst sich unter dem Motto "Feels Like Fashion“ aktuell mit der hiesigen Fashion-Szene.


In eigener Sache

Weitere Interviews, Gastbeiträge und News zum Thema Mode aus Hessen veröffentlichen wir in den kommenden Wochen hier im Magazin-Bereich. Auch Themen aus den anderen Branchen der Kreativwirtschaft finden hier Platz. Für Hinweise, worüber wir unbedingt berichten sollten, haben wir stets ein offenes Ohr via kreativwirtschaft@hessen-agentur.de


Referenzen

[1] Vgl. Bund, Konrad (1994): Frankfurt am Main im Spätmittelalter 1311 - 1519. In: Frankfurt am Main –
Die Geschichte der Stadt in neun Beiträgen; hrsg. von der Frankfurter Historischen Kommission, Sigmaringen, S. 53 ff.

[2] Vgl. Historisches Museum Frankfurt (2021): Online-Ausstellungs-Archiv.

[3] Vgl. Museum Angewandte Kunst (2021): Verzeichnis der vergangenen Ausstellungen.

[4] Vgl. Stadt Frankfurt (o.J.): Einkaufsstraßen. Zeil, https://frankfurt.de/frankfurt-entdecken-und-erleben/einkaufen-in-frankfurt/einkaufsstrassen/zeil (Abruf: 30.06.2021).

[5] Vgl. Tourismus Fulda (o.J.): Fulda Guide: Einkaufen in Fulda macht Spaß! https://www.tourismus-fulda.de/erlebnis/shopping/einkaufsmoeglichkeiten.html (Abruf: 05.07.2021).

Veröffentlicht: 12.07.2021


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