Fashion-Bloggerin Claudia Steinlein in Frankfurt
© Gaby Gerster

"Das Comeback der Radlerhose hat mich verwundert"

Interview mit Fashion-Bloggerin Claudia Steinlein

Die gebürtige Offenbacherin Claudia Steinlein schreibt seit neun Jahren auf ihrem Blog "Glam up your Lifestyle" erfolgreich über Mode, Kosmetik, Make-up, Haut- & Haarpflege. Wir haben mit der 57-Jährigen über die Premiere der Fashion Week in Frankfurt, die Rolle des Alters in der Modeindustrie und Ihre Verantwortung als Influencerin gesprochen. Auch ein paar Fashion-Tipps haben wir eingetütet. 

In Frankfurt dreht sich ab Montag vieles um Fashion. Hat es Sie überrascht, dass die Fashion Week nach Frankfurt kommt?

Als ich letzten Sommer das erste Mal davon gehört habe, war ich für einen Moment schon überrascht. Denn Frankfurt hat jetzt nicht so den Ruf, eine Modestadt zu sein, wie Berlin oder Düsseldorf. Wobei ich sagen muss, dass Frankfurt da ein wenig unterschätzt wird. Bestimmt wird Frankfurt modisch auch durch die vielen Banken geprägt. Doch man braucht nur mal morgens zur Rushhour U-Bahn zu fahren. Dort begegnet man so vielen Menschen mit individuellen modischen Stilrichtungen. Die ein oder andere Inspiration habe ich mir schon in den öffentlichen Verkehrsmitteln geholt.

Eigentlich wurde es Zeit, dass nach Berlin unser MAINHATTAN auch mal als Ausrichter fungiert. Der Frankfurter Airport als europäisches Drehkreuz ist einer der vielen Vorteile. Mit der Messe Frankfurt steht zudem ein erfahrener und professioneller Ausrichtungsort parat. Die Infrastruktur Frankfurts sucht auf allen Ebenen Ihresgleichen. Nachdem es in Frankfurt keine IAA mehr gibt, ist die Fashion Week ein ebenbürtiger Ersatz.

Dass sie nun zunächst rein digital stattfindet, hat für mich den Charme, dass alle/jeder in der "Front Row" sitzen kann, denn die Shows können von viel mehr Menschen gleichzeitig "besucht" werden. 

Welche Verantwortung nehmen Sie als Influencerin gegenüber Ihren Leser:innen wahr?

Die Verantwortung gegenüber meinen Leser:innen nehme ich sehr ernst. Das ist mit ein Grund, warum ich Kooperationen mit Marken mit viel Bedacht auswähle. Auch ich bin privat auf den Sozialen Medien unterwegs und sehe, was dort von anderen Influencern beworben und vorgestellt wird. Oftmals mit dauerhaften Rabattcodes von 50 Prozent. Da stelle ich mir die Frage, was ist das Produkt tatsächlich wert, wenn alle Beteiligten daran verdienen möchten? Ich habe einen Blick dafür, für einen Follower ohne Hintergrundwissen ist das nicht erkennbar.

In diese Social Media Maschinerie möchte ich mich nicht einreihen und wähle deshalb sorgfältig aus, mit wem ich zusammenarbeite und was ich meiner Community präsentiere. Die Zusammenarbeit mit kleineren Labels aus der Region empfinde ich als besonders verbindend, schon allein weil es durch die Nähe auch schnell zu persönlichen Kontakten kommen kann. Es ist für mich immer wieder spannend die Geschichte eines Labels zu erfahren und die Philosophie, die dahintersteckt. Wenn sich dann noch die Gelegenheit für direkten Austausch ergibt, kann ich mich mit dem Produkt noch mehr identifizieren.

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      © Nicole Reitbauer

      Jugend galt in der Mode lange Zeit als Tugend. Hat sich das in den letzten Jahren gewandelt, ist die Branche vielfältiger geworden?

      Auf alle Fälle hat sich hier in den letzten Jahren viel getan. Wir Frauen über 40, 50 und älter werden von der Modeindustrie mehr wahrgenommen und das ist auch zum Teil der Verdienst der Blogger:innen und Influencer meiner Generation. Ich blogge seit neun Jahren. Damals gehörte ich zu den wenigen Frauen in Deutschland über 40, die einen Modeblog führten. Ältere Blogger:innen waren damals auch für die Modemarken neu, aber ebenso für die Leser:innen. Als sich dann auch noch Instagram in meiner Generation immer mehr etablierte, hat sich einiges getan.

      Es sind auch hier eher die kleineren Labels, die mit uns älteren Influencern arbeiten wollen. Ich habe den Eindruck, dass die sich einfach mehr trauen und mutiger sind. Viele große deutsche Modemarken setzen immer noch auf junge Gesichter, obwohl diese Generation nicht mal die kaufkräftige Kundschaft ist. Ich kann nachvollziehen, wenn sich die Modelabels den jungen Konsumenten heranziehen möchten, doch dabei sollte man eben auch die Älteren nicht aus dem Blick verlieren.

      Jede Generation kann sich modisch kleiden. Wichtig dabei ist, dass man sich für sich selbst anzieht und nicht für andere. Eine gut sortierte Grundgarderobe ist das A und O für einen guten Stil. Diese Basics können immer wieder mit trendigen Teilen upgedatet werden. Allerdings muss man auch nicht unbedingt jeden Trend mitmachen, egal ob jung oder alt.

      Welche Trend-Comebacks haben Sie gefeiert, welche verflucht?

      In meinen über 50 Lebensjahren habe ich schon viele Trends kommen und gehen sehen. Einige gleich mehrmals. Jede Modeerscheinung kommt irgendwann wieder. Die Modedesigner können das Rad der Mode auch nicht neu erfinden. Ich persönlich kann mich immer wieder an der Flared-Jeans erfreuen, sie sorgt einfach für schöne lange Bein.

      Dass ich das Comeback der Radlerhose miterleben darf, hat mich allerdings verwundert. Selbstverständlich habe ich diese kurzen, engen Hosen in den 80ern auch getragen. Doch heute mag ich es nicht mehr sehen. Nicht ohne Grund hat es über 30 Jahre gedauert, bis das Thema Radlerhose wieder von den Designern aufgegriffen wurde. Ich verstehe aber auch, dass sich die jüngere Generation am Radlerhosen-Trend austoben möchte. Mich persönlich erinnert diese Modeerscheinung einfach zu sehr an meine schlechte Dauerwelle von damals in den 80ern und blaue Wimperntusche. Wobei Letzteres auch gerade wieder ein Revival feiert.


      ClaudiaSteinlein
      © Nicole Reitbauer

      Claudia Steinlein

      Fashion-Bloggerin

      Seit neun Jahren schreibt die gebürtige Offenbacherin Claudia Steinlein über Mode, Kosmetik, Make-up, Haut- & Haarpflege. Mit ihrem Blog "Glam up your Lifestyle" für Frauen 40 plus will sie mit dem Klischee aufräumen, Mode sei nur etwas für junge Frauen. Aktuell erreicht die 57-Jährige rund 35 Tausend Follower auf Instagram, 81.000 User sehen regelmäßig ihren TikTok-Account und ca. 60.000 mal im Monat wird ihr Blog besucht. Für die Zeitschrift BUNTE zählte sie 2018 zu den erfolgreichsten Fashion-Bloggerinnen über 40.


      Sonnengruss_Magazin

      Veranstaltungstipp: Influencing – Neue Perspektiven für die Kreativ- und Medienwirtschaft

      Freitag, 16. Juli 2021, 8.45 bis 11 Uhr, Online-Veranstaltung

      Die Branche der Influencer hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt. Es geht längst um mehr als das Posen vor der Kamera oder das Unboxing von Beauty-Produkten. Es geht um Geschäftsmodelle, in denen mit Kompetenz und verantwortungsvoller Kommunikation, mit hochwertigem Content und eigener Community Geld verdient werden kann. Die Veranstaltung des Hessischen Wirtschaftsministeriums und der Medienanstalt Hessen in Kooperation mit der Hessen Agentur geht mit kurzen Impulsen und anschaulichen Praxisbeispielen den Möglichkeiten nach, die die "Creator Economy" für Kreative und Medienschaffende bietet. Mit Claudia Steinlein und weiteren hessischen Influencern. 

      https://www.kreativer-sonnengr...

      Veröffentlicht: 01.07.2021


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